Im Mobile Content Development spielt sich – von den Usern grösstenteils unbemerkt – eine Revolution ab: Android Instant Apps und Progressive Web Apps gewinnen stetig Marktanteile. Einige der weltweit grössten Medienmarken nutzen diese Alternative zu konventionellen Native Apps und ihre neuen Funktionen schon lange, beispielsweise Buzzfeed, The New York Times, Crossword, Periscope, Viki (ein Video-Streaming-Service für asiatisches Fernsehen und Film), die Fussball-App Onefootball oder die Videoplattform Vimeo.

Abbildung 1: Beispiele reichweitenstarker Instant Apps

Was sind Android Instant Apps?
Instant Apps unterscheiden sich generell in einem Punkt von den regulären Native Apps aus dem Google Play Store: Anstatt dass der User die App herunterladen und auf seinem Smartphone installieren muss, kann er mittels Deeplink auf die in der Cloud installierte App zugreifen. Der User hat somit die Möglichkeit, die Anwendung vorzeitig auszuprobieren und zu testen.

Micro Use Cases
In gewissen Situationen ist der Nutzer auf eine App angewiesen, die er nur faktisch nur einmalig Nutzen möchte, sei das jetzt um den Parkplatz an einer Parkuhr zu bezahlen oder um in einem Online-Shop etwas zu bestellen. Bei Speichermangel auf dem Smartphone dienen Instant Apps als gut Alternative, da lediglich der Cache etwas gefüllt wird, aber jederzeit wieder geleert werden kann.

Neue Funktionen
Das Feature «Play Instant» wurde bereits vor drei Jahren von Google vorgestellt und befand sich länger in einer geschlossenen Testphase. Im letzten Jahr folgte dann der offizielle Release. Öffnet man eine Instant App, werden nach und nach Module geladen und es fühlt sich an, wie in einer installierte App. Möchte man die App doch fix auf dem Gerät installieren, genügt ein Klick. Neben Deep Links, die angeklickt werden können um eine Instant App zu öffnen, kann auch ein QR Code fotografiert werden.

App-Nutzung im Wandel
Wieso können Instant Apps interessant sein? Klassiche Apps, welche auf dem Gerät installiert sind, werden oft nur wenige Male geöffnet. Ein Smartphone-User hat heute durchschnittlich mehr als 80 Apps auf seinem Gerät installiert und sofern kein automatischer, wiederkommeneder Need mit einer App befriedigt wird, geht sie in Vergessenheit. Der Prozentsatz der Nutzer, welche eine App mehr als 11 Mal in den letzten Jahren geöffnet haben, hat sich zwischen 30 und 40 Prozent eingependelt.Abbildung 2: App Retention Rates

Hohe Burn Rate
Der Schlüssel liegt darin, den User wieder zurück in seine App zu holen, dies mit relevanten Funktionen oder Content. Adjust hatte in einer Studie herausgefunden, dass der durchschnittliche User eine App 5,8 Tage nach der letzten Nutzung von seinem Gerät wieder deinstalliert. Primär Apps im Bereich Entertainment haben eine besonders kurze Lebensdauer. Für folgende Grafik wurden 8 Mia. App Installs zwischen Januar und Juli 2018 ausgewertet.

Abbildung 3: App Lifecycles nach Kategorien

Attraktiv für App Publisher
Mit App Marketing wird viel Geld investiert. So werden klassische Online-Kampagnen mit direkten Links in die App Stores durchgeführt, Blogs und Videos stellen die Apps vor und sollen den Konsumenten zum Download der App animieren. Jedoch braucht es sehr viel Überzeugung, und es ist somit nach wie vor eine grosse Hürde vorhanden, damit eine App auch wirklich heruntergeladen und installiert wird. Instant Apps bieten hier eine sinnvolle Alternative, welche über andere Distributionskanäle den User erreichen und dessen Interesse wecken können.

Was sind Progressive Web Apps?
Progressive Web Apps (PWA) sind ebenfalls eine Google-Innovation, welche die besten Funktionen von mobilen Apps und denjenigen mobiler Websites kombiniert: Geschwindigkeit, App-ähnliche User Experience, Offline-Nutzung sowie keine Notwendigkeit, etwas herunterzuladen. Google Developer beschreibt PWA’s als «Nutzererlebnisse, die die Reichweite des Webs haben und zuverlässig, schnell und ansprechend sind». PWA’s sind im Grunde genommen also mobile Websites, die jedoch so konzipiert sind, dass sie sich aufgrund von schnellen Ladezeiten und der Möglichkeit der Offline-Nutzung wie Apps anfühlen. Damit entfällt einer der größten Nachteile des mobilen Webs: Die aufgrund instabiler Datenverbindung entstehende schlechte User Experience aufgrund langer, frustrierender Ladezeiten. Progressive Web Apps bieten zudem die Möglichkeit, auf dem Startbildschirm eines Benutzers gespeichert zu werden, damit diese wie konventionelle Apps mit einem Tap gestartet werden können. Google ermutigt Entwickler, Progressive Web Apps nach einem etablierten Standard zu entwickeln, welcher dazu führt, dass Nutzer von Chrome aufgefordert werden, die PWA zu ihrem Startbildschirm hinzuzufügen.

Warum braucht es PWA’s und Instant Apps?
Zu den Publishern, die bereits PWAs nutzen, gehören Twitter (dessen PWA, Twitter Lite, täglich eine Million Besuche von den Startbildschirm-Icons der Benutzer generiert), Forbes, Expedia, Alibaba, die Washington Post und sogar ehemalige Native App Unternehmen wie Lyft. PWA’s bieten bereits viele Eigenschaften, die wir mit nativen Apps in Verbindung bringen, einschliesslich Push-Benachrichtigungen, Geolokalisierung, Zugriff auf Gerätefunktionen wie Kamera und Mikrofon sowie Offline-Nutzung und Symbole auf dem Startbildschirm. Gleichzeitig bieten sie Marken die Vorteile des mobilen Webs wie eine einfache Auffindbarkeit und Shareability, universellen Zugriff unabhängig vom Gerät (eine separate iOS- oder Android-App ist nicht nötig – obwohl PWA’s noch nicht ganz die volle Funktionalität auf iOS aufweisen) und die Möglichkeit, einzelne Links zu bookmarken. Das klingt nach einem sehr überzeugenden Angebot für Unternehmen , die sich nicht sicher sind, ob sie in eine mobile Website oder App investieren sollen, resp. welche die User Experience ihrer mobilen Website verbessern wollen. Warum aber hat Google, nachdem es Progressive Web Apps lanciert hat, 2016 auch Android Instant Apps gestartet? Was ist der Unterschied zwischen den beiden Alternativen?

Progressive Web Apps und Instant Apps im Vergleich

Progressive Web Apps Android Instant Apps
o App-ähnliches Interface P App-ähnliches Interface
o Offline Nutzung o Offline Nutzung
o Schnelles Laden o Schnelles Laden
o Kein Download nötig/ Besuch des App Stores erübrigt sich o Kein Download nötig/ Besuch des App Stores erübrigt sich
o Teilbar über Link o Teilbar über Link
o Icon auf Startbildschirm o Icon auf Startbildschirm
x Fehlende Integration mit gewissen Smartphone Features (z. B. Taschenlampe, Kontakte, NFC) o Alle Features einer nativen App
x Noch nicht von allen Betriebssystemen unterstützt (können für iOS/Safari und Windows/Microsoft Edge genutzt werden, aber haben keine Möglichkeit zur Offline-Nutzung oder Push-Benachrichtigungen) x Nur für Android
o Können von Suchmaschinen gefunden werden x Werden von Suchmaschinen nicht gefunden
o Entwicklung einer vollwertigen App nicht nötig x Entwicklung einer vollwertigen App notwendig
x Benötigt Web-App nach Google Standards o Bei bestehender App kann diese re-released werden

Welches Konzept ist besser?
Wie bei der Debatte zu ‘Mobile App versus Mobile Web’ ist keine Option besser als die andere (obwohl die eine billiger oder schneller zu entwickeln sein kann als die andere), denn es hängt alles von den Bedürfnissen des Entwicklers ab und was vom mobilen Erlebnis erwartet wird. Progressive Web Apps und Instant Apps haben die grössten Nachteile von Mobile Web und Native App gemildert. Beide Optionen versuchen also, das Beste aus beiden Welten zu verbinden.

Untenehmen, die sich zwischen der Entwicklung einer konventionellen mobilen Website (ob mobile-optimiert, mobile-freundlich oder mobile-first) und einer PWA zu entscheiden haben, bietet sich eine Progressive Web App an. Solchen, die bereits über eine Android-App verfügen (oder eine entwickeln wollten), bringt ein Upgrade auf eine Instant-App viele zusätzliche Vorteile.

Autoren:
Alexander Leutenegger, Business Developer
Digital Ad Services (Goldbach), Firmenmitglied IAB Switzerland

Sandor Laczko, Country Manager
Adello, Firmenmitglied IAB Switzerland

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