Künstliche Intelligenz ist in aller Munde, auch im Marketing und hier natürlich besonders im Bereich Programmatic. Tatsächlich können schnelle, lernfähige Systeme die Qualität ausgespielter Werbung bald erheblich verbessern. Künstliche Intelligenz ist ein Thema, mit dem sich das digitale Marketing in diesem Jahr befassen muss – dazu rät Annette Dielmann, Referentin der IAB Academy, in einem Ausblick auf 2018. Auch für Programmatic ist die Technik hochinteressant. Künstliche Intelligenz (kurz: KI oder AI für Artificial Intelligence) wird demnach in diesem Jahr einen grossen Einfluss haben bei kontextbasierter Zielgruppenansprache, Prognose von Zielgruppenverhalten und der Optimierung von Kampagnenperformance.

Dabei ist noch nicht einmal genau definiert, was künstliche Intelligenz eigentlich ist.

Die passenden Ads zur richtigen Zeit
Eingesetzt wird KI heute bereits in Bilderkennungssoftware und Sprachassistenten wie Siri oder Alexa. Die Systeme filtern Sprache aus Umgebungsgeräuschen heraus, analysieren das Gesprochene und leiten daraus Befehle ab, die sie ausführen. KI nimmt dabei vor allem Aufgaben wahr, die sich mit klassischen Algorithmen nur schwer oder gar nicht darstellen lassen. Ein Teilbereich der künstlichen Intelligenz ist Machine Learning. Die Systeme ermitteln gängige Verhaltensmuster und bringen dieses “erlernte” Wissen bei der nächsten Suchanfrage wieder mit ein. So werden ihre Ergebnisse mit der Zeit immer genauer.

Für Programmatic Advertising ergeben sich durch KI besonders spannende Anwendungsfelder. Künftig wird es darum gehen, das gesammelte Wissen über den Nutzer und die Nutzerin für das passende Ad zu verwenden. Interessiert sich der Empfänger an einem Nachmittag im März bei 13 Grad Aussentemperatur eher für Schuhe oder für Möbel? Isst die Empfängerin lieber um 12:00 Uhr statt 13:00 Uhr zu Mittag und steht Italienisch vielleicht mal wieder auf ihrem Speiseplan? Personalisierte Ads zur richtigen Tageszeit oder, wie Norman Wagner, Managing Director bei MediaCom Beyond Advertising, das Ziel formuliert: “maximale Relevanz”. Dabei kann KI in der Programmatic helfen.

Transparenz in der Programmatic
Doch nicht nur das: KI soll auch mehr Transparenz in der Programmatic schaffen. Der Adtech-Dienstleister Sizmek hat Anfang des Jahres deswegen zum “Jahr der völligen Transparenz” aufgerufen. Werbetreibenden solle durch KI die Kontrolle über ihre Kampagnen zurückgegeben werden. Keine versteckten Kosten mehr, dafür Feedback, was in einer Kampagne gut funktioniert und was vielleicht nicht – vor allem aber: warum. Sizmek stützt sich dabei auf eine Studie der World Federation of Advertisers (WFA), nach der sich 90 Prozent der Werbetreibenden mehr Transparenz in der Programmatic wünschten und Anbieter gezielt danach aussuchten.

Auch Google mischt bei künstlicher Intelligenz für Display Ads längst mit. Mit Adsense AutoAds sollen Publisher ihre Umsätze bereits um 10 bis 15 Prozent gesteigert haben. Ein Maschinenlernprogramm helfe den Publishern dabei, Art, Platzierung und Anzahl von Display-Ads genauer zu bestimmen.

Intelligent erst durch Erfahrung
Dass Googles neues System aber nicht von Haus aus “intelligent” ist, sondern erst einmal lernen muss, zeigt die Reaktion vieler Beta-Tester: Sie beklagten sich über zu viele Ads pro Seite, fühlten sich gestört und sprangen wieder ab. Mit zunehmender “Erfahrung” des Systems erst können bessere Ergebnisse erzielt werden.

Künstliche Intelligenz inspirierte seit jeher Roman- und Drehbuchautoren – zu Szenarien, die heute gar nicht einmal mehr so futuristisch klingen. Im Kinofilm “Minority Report” etwa läuft der Protagonist durch eine Shopping Mall. Eine Kamera scannt seine Iris, das System weiss daraufhin, mit wem man es zu tun hat, und spricht seine Vorlieben direkt an: “John Anderton! Sie könnten doch jetzt sicher ein Guinness vertragen! Kennen Sie schon den neuen Lexus? Wie wäre es mal wieder mit einer Auszeit in unserem Luxus-Ressort?”

Künstliche Intelligenz kann im Data Driven-Advertising aber schon heute vor allem unterstützend wirken. Im Programmatic Buying kann KI für den Werbetreibenden berechnen, welche Werbefläche am lukrativsten für die geplante Zielgruppe ist. Innerhalb von Sekundenbruchteilen testet das System tausende Varianten, bevor schliesslich die optimal passende Werbeform ausgegeben wird.

Durch KI wird Big Data erst schlau
Viele Zukunftsszenarien, die sich hinter dem Buzzwort “Künstliche Intelligenz” verbergen, sind aber auch schlicht Big Data, die von lernfähigen Systemen unterstützt und ständig verbessert werden. Big Data war die Anhäufung von Daten, mit Hilfe von KI folgt nun die kluge Auswertung dieser.

Eine Kaffeehauskette könnte so nicht nur das Lieblingsgetränk einer Kundin schon anbieten, wenn sie ihre Kundenkarte vorhält. Es könnte ihr auf Basis ihrer Gewohnheiten auch ein personalisiertes Getränk anbieten. Morgens bei regnerischem Wetter etwa einen Double-Shot Latte. Starbucks experimentiert mit der eigenen Smartphone-App bereits mit solchen Szenarien.

Ohne KI geht es bald nicht mehr
Das Ziel lautet hier: Einfachheit. Auch wenn im Hintergrund hochkomplexe Prozesse in allerkürzester Zeit ablaufen, sollte der Endverbraucher davon nur wenig mitbekommen. Er erhält einen Vorschlag, der zu ihm passt und ihm Freude bereitet. Darum soll es gehen.

Experten sind sich bereits sicher, dass Programmatic um unterstützende künstliche Intelligenz künftig kaum noch herum kommt. Immer mehr Entscheidungen über Werbeplatz, Angebot und Personalisierung für ein bislang kaum vorhersehbares Käuferverhalten müssen in Echtzeit getroffen werden. Vor einer Werbeplatzausspielung finden bald Millionen von Interaktionen statt. Big Data ist ohne künstliche Intelligenz langfristig gar nicht mehr denkbar.

Die Autoren
Dr. Margarethe Dopf, Mitglied IAB Fokusgruppe Programmataic
Head of Digital, NewBase – Die Digitalunit der Publicitas AG
Jürgen Vielmeier, Technikjournalist

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