So oft hört man in den letzten Monaten «Display Advertising ist tot». Die Ergänzung des Wortes «Netzwerk» wäre vielleicht angebracht. Das könnte man getrost unterschreiben. Warum eigentlich?

Neue Technologien im automatisierten Einkauf machen es Werbetreibenden einfacher, individualisierte Bündelungen vorzunehmen und auf Basis von eigenen Marketinglogiken einzukaufen. «Coffee Lovers», «Finanzinteressierte» und – (m)ein Favorit – «nachhaltig regional produzierte Lebensmittel für umweltbewusste Personen» sind die Ergebnisse. Verkauf sei Dank, all das gibt es für wenig Geld für Werbeauftraggeber zu kaufen. Der Publisher bekommt von all dem nichts mit. Wie auch, stellt er lediglich zu überteuerten Preisen journalistische Reichweite zur Verfügung! Dass Publisher mehr können, zeigen verschiedene Beispiele im In- und Ausland. Allianzen werden geschmiedet und Nutzerinformationen publisherübergreifend so segmentiert, dass o.g. Targetings möglich sind. Was aber ist mit den harten Nutzerdaten? Mittels Login-Daten ist man in der Lage einen Grundstock an Informationen über seine Nutzer zu generieren. Die Herausforderung besteht jedoch darin, datenschutzkonform Nutzerdaten zu anonymisieren, anzureichen, aufzuarbeiten und schlussendlich Werbetreibenden in einer transparenten Art und Weise zur Verfügung zu stellen.

Bitte Daten prüfen und bestätigen

Als verlagseigener digitaler Dienstleister wundert man sich immer wieder, wie viele Schweizer Userdaten über ausländische Drittsysteme angeboten werden. Anscheinend machen alle ausländischen Partner etwas richtig, was wir falsch machen, oder? Die Datenqualität und Nachvollziehbarkeit der Quellen ist ein grosser Punkt, der viel zu wenig hinterfragt wird. Diese Grundlage für valide Daten sollte jedem Einkäufer erklärt werden können. Projektionen aus anderen Märkten, Hochrechnungen oder auf Surfverhalten basierende Digital Twins haben eine Daseinsberechtigung, aber auch hier ist die Aussagekraft der ursprünglich verwendeten Daten ausschlaggebend. Die Anreicherung von Daten über Drittanbieter und der erfolgreiche Abgleich mit bestehenden Daten bei entsprechender Konsistenz ist eine Kunst, die nicht jeder beherrscht. Das Erschliessen von vertrauenswürdigen Datenquellen, die 1st Party Data anbieten, ist zudem eine der weiteren Herausforderungen. Eigene Möglichkeiten zur Datenerschliessung, wie die bereits erwähnten Logins, geben eine sehr gute Quelle ab. Wie viele persönliche Daten abgefragt werden, sollte je nach Grund für die Registrierung im Rahmen bleiben. Daher kommt dem Matching von eigenen mit eingekauften Daten eine besondere Bedeutung hinzu.

Sei der «perfect match» mit Dir

Daten bringen nichts ohne die gewisse Logik, die benötigt wird, um Anzeigen auszusteuern. Gemeint ist Künstliche Intelligenz (KI / AI). Gerade in automatisierten Ein- und Verkaufsprozessen (nein keine Diskussion, was RTA / RTB / Programmatic Buying ist!) spielt auf DSP- wie SSP-Seite Artificial Intelligence eine wichtige Rolle. Einerseits wird innerhalb der SSP entschieden, welche Werbefläche zu welchem Preis am besten zu monetarisieren ist. Andersherum geschieht in der DSP ein ähnlicher Prozess, der über die Verarbeitung der durch die SSP gelieferten Informationen und den eigenen (bzw. angereicherten) Informationen den perfect match herausholen soll. Der perfect match kann jedoch nur geschehen, wenn z.B. mit Targetings und, wie sollte es auch anders sein, mit KI gearbeitet wird. Datenbasiert Nutzer zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Creative wieder anzusprechen, dazu benötigt es mehr als nur «Daten». Oft werden neben Kohortenanalysen auch Attributionsmodelle genutzt, um die Customer Journey kanalübergreifend auszuwerten. Die Dichte des Netzes an Touchpoints gibt die Struktur und die Repräsentanz der Daten vor. Jedoch sind ohne korrekte und repräsentative Daten alle Bestrebungen in dieser Richtung wertlos. Der Wert einer vorderdefinierten, messbaren Handlung (Kauf, Interaktion) muss einzelnen Touchpoints, über verschiedene statistische Modelle, zuweisbar sein – dann klappt es auch mit dem perfect match!

#Individualisierung #Dashboard #BrandProtection

Gerade bei der individualisierten Werbeauslieferung sind individualisierte und individualisierbare Kampagnendashboards ein Muss. Wer soll denn das alles auswerten können? – Den Überblick behalten ist schon schwer genug, da will man sich sicherlich nicht mit einschlägigen Tabellenkalkulationsprogrammen herumärgern. Bei komplexen Planungen, bei denen verschiedene Medien zusammenlaufen, sind Report-Schnittstellen für das eigene System sehr hilfreich. Fragt Euren Anbieter! Vielleicht kann ein API zur Verfügung gestellt werden. Neben der Bedeutung von Dashboards ist die Transparenz, also «Wo lief meine Anzeige überhaupt?», ein interessantes Thema. Natürlich surft niemand auf Filesharing-, Erotik- oder Routingseiten, dennoch gibt es diese Seiten – komisch. Wie bereits erwähnt, stellt das Auswerten der Customer Journey ebenfalls einen erheblichen Datenschatz dar, der zur Optimierung – nicht nur zum Tracking der Customer Journey, genutzt werden sollte. Brand Protection, Blacklisting oder Whitelisting, ist heutzutage ein Muss, so dass der Brand auf seriösen Webseiten zu sehen ist.

Key Takeaways

Das data driven advertising hat viele Facetten, von denen jeder Marktteilnehmer oftmals nur seinen Teil betrachtet. Einen umfassenden Überblick zu geben, würde Stoff einer Vorlesungsreihe füllen. Neben den gelesenen Ausführungen sind Themen wie Datensicherheit, -integrität, -verfügbarkeit und -konsistenz nicht zu vernachlässigen. Sonst macht data driven advertising keinen Spass!

Zum Abschluss folgen noch fünf Punkte, die ihr mitnehmen sollt:
– Datenherkunft hinterfragen
– eigenen Datenpool aufbauen und gegebenenfalls mit Daten von Drittanbietern anreichern
– Verbindung der Nutzerdaten mit der Customer Journey
– Anzeigen im richtigen Content platzieren und Brand Protection einsetzen
– Data Security nicht vergessen

Autor: Holger M. von Ellerts, audienzz AG