Die fast explosionsartige Entwicklung verschiedener Digital-Marketing-Technologien bringt immer weitere, spezialisierte Systeme und neue Ansätze. Für jeden Kanal gibt es Tools, welche die Benutzung vereinfachen, die Leistung erhöhen (sollen) oder zusätzliche Analysen und Erkenntnisse versprechen. Für Werbeauftraggeber und Agenturen sollten aber drei wesentliche Elemente bei der Evaluation von Tools und Systemen im Fokus stehen: Integration, Transparenz und Kontrolle.

Zwar ist der Einsatz mehrerer Tools oder Systeme in der fragmentierten Digital-Marketing-Landschaft nahezu unumgänglich – doch selbst spezialisierte Agenturen oder Abteilung können langfristig nicht dutzende von Systemen evaluieren, erlernen, bedienen, unterhalten und finanzieren. Dagegen sprechen die verschiedenen Bedienkonzepte, die Preise, die Betriebssicherheit, die Überlappung von Funktionen und die verbreitete Inkompatibilität bzw. die entstehenden Messfehler. Abhilfe schaffen integrierte, modulare Systeme, welche auf gemeinsame Bibliotheken und Bedienkonzepte zurückgreifen. Sie setzen beispielsweise auf eine gemeinsame Benutzeroberfläche, Cookies, «Audiences» bzw. Zielgruppen und lassen sich über einfache Schnittstellen mit weiteren Modulen oder Drittsystemen verbinden.
Mehr oder weniger stark integrierte Systeme gibt es in verschiedenen Bereichen von Google DoubleClick, Adobe, Adtech usw. Studien der Boston Consulting Group (BCG) belegen und quantifizieren den positiven Effekt durch den Einsatz integrierter Systeme: Beispielsweise durch eine Reduktion der Kampagnenbearbeitungszeit sowie durch reduzierte «Cost per Action» (CPA).

Transparenz beim Mediaeinsatz

Ein zentrales Ziel integrierter Systeme sind valide Daten, die Messdifferenzen reduzieren sowie Transparenz schaffen und somit im Endeffekt eine höhere Kampagnenleistung ermöglichen. Wichtig sind verlässliche Methoden und deduplizierte Datensätze (Cookies/Abschlüsse). Schon die Zusammenführung von Premium-Display-Ads, Netzwerken und Suchmaschinenwerbung kann durch Attribution und Deduplizierung signifikante Leistungssteigerungen zeigen.
Doch auch andere Bereiche verlangen nach mehr Transparenz: So kann heute die Qualität der Auslieferung permanent überwacht werden – durch Verifikation der Lieferanten (Publisher) und Sichtbarkeitsmessung der Werbeanzeigen. Auch hier gibt es eine Vielzahl von Lösungen. Grössere, integrierte Systeme liefern diese Funktionen jedoch häufig schon «kostenlos» mit. Es ist auch eine Frage der Philosophie, ob eher auf ein umfassendes System oder auf offene Schnittstellen gesetzt wird, welches verschiedene Partner zulässt. Beide Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile: umfassende Lösungen sind einfacher in der Bedienung und haben keine Kompatibilitätsprobleme; offene Schnittstellen erlauben mehr Flexibilität und Tests.

Handlungsfähigkeit schaffen

Ganz zentral, aber oft vernachlässigt, ist die Handlungsfähigkeit – also die Kontrolle. Nur Systeme, aus denen sich einfache, klare und praktikable Handlungsempfehlungen ableiten lassen oder die direkt eingreifende Handlungen ermöglichen, sind wirklich gewinnbringend für die meisten Anwender. Zu viele Daten und zu wenige Einflussmöglichkeiten lassen die Kosten-Nutzen-Relation gewisser Systeme auf ein ungesundes Mass sinken. Verschiedene Tools sind dafür bekannt, dass die teuer produzierten Reports kaum je gelesen, geschweige denn zur Optimierung eingesetzt werden. Idealerweise lassen sich gewonnene Daten direkt für den Mediaeinkauf einsetzen, was überwiegend bei programmatischen Systemen relevant ist.

Raum schaffen für Kreativität

Neben automatisierten Geboten (RTB) und nutzerorientierten Botschaften, rückt – glücklicherweise – auch die Kreativität wieder stärker in den Fokus. Kaum eine Kampagne wird nur durch Statistik erfolgreich. Die richtige Idee, die richtige Botschaft, das richtige Bild oder eine gelungene Animation sind oft für den Erfolg massgeblich. Integrierte Systeme erleichtern auch Einsatz und Kontrolle verschiedener Werbemittel, Elemente sowie Botschaften und schaffen so Raum für Kreativität. Schliesslich sollte die Hauptarbeit nicht in die Produktion der Werbemittel fliessen, sondern in die kreativen Elemente und Ideen.

Fazit

Immer mehr Tools und Möglichkeiten buhlen um die Gunst der Werbeauftraggeber und Agenturen. Erste Konsolidierungsrunden haben dabei schon stattgefunden. Neben erwähnten Faktoren wie Integration, Transparenz und Kontrolle sind auch weitere Elemente für die Evaluation zukunftsträchtiger Systeme wichtig: Wie schnell wird das System weiterentwickelt? Wie zuverlässig ist das gesamte Setting hinsichtlich Stabilität, Unternehmensperspektive sowie Leistung? Wie sicher sind die eigenen Daten? Es gibt keine allgemeingültige Antwort. Risikobereite Unternehmen werden zugunsten der letzten Leistungspromille eher auf flexible Systeme setzten. Andere sind mit sicheren, zuverlässigen vollintegrierten Lösungen besser bedient.

Autor: Leonardo Kopp, Managing Director at DQ&A Media Group Switzerland