In der deutschsprachigen Fachliteratur existiert bislang keine umfassende Definition der Terminologie Programmatic Advertising. Es finden sich verschiedene Ansätze, die Teilbereiche der Thematik abdecken. Wie lässt sich der programmatische Einkauf von «Digital out of Home» (DooH) einordnen?

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) definiert den Begriff wie folgt:

«Programmatic Advertising (PA) bezeichnet die automatisierte Aussteuerung einzelner Werbekontaktchancen in Echtzeit und ist in Abgrenzung zum technischen Prozess des Realtime-Bidding (RTB) zu verstehen, welcher im Kern ein automatisiertes Preisfindungsverfahren zwischen Angebots- (Sell Side) und Nachfrageseite (Demand Side) darstellt.»

Gemäss dieser Definition gibt es am Markt so gut wie keinen programmatischen Einkauf von DooH Werbeträgern, da in aller Regel die Komponente Echtzeit fehlt. Daher wird für diesen Artikel die Begrifflichkeit «Programmatischen Einkauf» folgendermaßen verstanden:

Programmatischer Einkauf von Medien ist ein automatisierter, durch Daten gestützter, einer Kampagnen-Logik folgender Prozess, welcher teils zu Festpreisen und teils zu auktionsbasierten Preisen zwischen Werbetreibendem und Werbeträger abgerechnet wird.

Vergleichen wir den aktuellen Stand des programmatischen Marktes in den Medien Mobile und DooH, so fallen eine Reihe von Unterschieden unmittelbar auf:

  • One-to-one vs. One-to-many
    Mobile ist das persönlichste Medium, welches wir im Marketing Mix kennen. OOH oder der DooH sind die letzten verbliebenen Massenmedien. DooH Screens befinden sich im öffentlichen Raum und verfügen je nach Standort und Tageszeit über unterschiedliche Kontaktraten. Für eine DSP verändert sich somit die Art und Weise, wie die Anzahl der Kontakte und damit die Basis der Abrechnung kalkuliert wird. Während für Mobile gilt, dass eine gewonnene Auktion zu einer Werbeeinblendung führt, welche von einem Konsumenten gesehen wird und somit einmal fakturiert wird, gilt für DooH, dass eine erfolgreiche Auslieferung eines Werbemittels mit einer im programmatischen Protokoll (Bid request) übermittelten Frequenzangabe zu multiplizieren ist, um so auf die Anzahl der Kontakte, welche für die Abrechnung benötigt wird, zu kommen.
  • Auktionsbasiert vs. Privat Deal oder Private Auction
    Im Bereich von programmatischen Kampagnen auf DooH werden aktuell noch sehr wenige offene Auktionen durchgeführt. Das etablierte Verfahren ist, die Kampagnen gemäss einer vorher durchgeführten Verhandlung (Private Deal) auszuliefern. Der Vertrieb von ungenutzten Inventarräumen, wie er auf anderen Werbemedien stattfindet, ist aktuell noch nicht von Bedeutung. Für Mobile gilt, dass sich alle am Markt gängigen programmatischen Modelle von Automated Guarantee bis hin zu Open Marketplace vollziehen.
  • Echtzeit vs. Aktualität
    Der programmatische Einkauf vollzieht sich auf Smartphones und Tablets in Echtzeit, die maximale Dauer von Auktionsbeginn bis zur Auslieferung des Werbemittels auf dem gewünschten Werbeplatz in einer App oder einer mobilen Webseite beträgt 120ms, oftmals wird dieser Wert deutlich unterschritten.
    Für DooH kann noch nicht von einem flächendeckenden Echtzeit-Handel gesprochen werden. Ziel ist es, sich einer für den Konsumenten gefühlten Echtzeit zu nähern. Die meisten Systeme auf Publisher-Seite unterstützen noch keine Unterbrechersignale, welche in Echtzeit, die aktuellen Loops pausieren und an Stelle dessen eine programmatische Kampagne einspielen. Daher vergehen in der Regel noch immer mehrere Minuten, bevor eine programmatische Kampagne auf ein Signal reagieren kann. In einigen Fällen sind die Vorlaufzeiten noch deutlich länger, was bestimmte Kampagnen-Konzepte deutlich erschwert.

Trotz aller Unterschiede finden sich jedoch einige Gemeinsamkeiten, die ein kombiniertes Vorgehen insbesondere von Mobile und DooH beim programmatischen Einkauf sinnvoll machen:

  • Das Smartphone als ständiger Begleiter
    Die Penetration von Smartphones in der Bevölkerung liegt weltweit bei mehr als 75% mit noch immer wachsenden Werten. Die Konsumenten haben ihr Smartphone stets bei sich, sei dies Zuhause, in der Arbeit oder im öffentlichen Raum. Somit entstehen Chancen, mobile Endgeräte als Brücke zu anderen Medien zu nutzen. Insbesondere auf Basis der Ortsangaben lassen sich kombinierte Kampagnen aus Mobile und DooH realisieren, die in einer DSP aufgesetzt und optimiert werden können.
  • Gemeinsame Daten
    Beide Medien, Mobile und DooH, verwenden für das Targeting Daten, die sich auf bestimmte Standorte beziehen. Standorte können sehr gute Auskünfte über die zu erreichenden Zielgruppen liefern. So finden sich an einem Flughafen überwiegend Touristen und Geschäftsreisende. Über die Analyse von anonymisierten User-Profilen auf mobilen Endgeräten lassen sich zudem weitere Erkenntnisse über Zielgruppen generieren, welche wiederum die DooH Planung bereichern kann. Doch auch Daten zur aktuellen Wetterlage am Standort können in Kombination mit weiteren Daten für die intelligente Ausspielung von kombinierten Kampagnen genutzt werden.
  • Interaktivität und Messbarkeit
    Die programmatische Auslieferung ermöglicht es, DooH und Mobile Kampagnen ideal aufeinander abzustimmen und miteinander zu verknüpfen. In besonders guten Fällen können über Mobile generierte Contents direkt auf DooH Screens übertragen werden. Der Aufruf zur Teilnahme kann sowohl über den mobilen Screen als auch über den DooH Screen erfolgen. Doch auch weitere Formen der Interaktivität und Messbarkeit sind denkbar. So könnte der Empfang eines Beacons in einer App gemessen werden und somit Auskunft über die Anzahl der Kontakte mit der eigenen Kundschaft geben und ein späteres Retargeting auf mobilen Endgeräten ermöglichen.

Abschliessend lässt sich festhalten, dass sich die Entwicklung des programmatischen Einkaufs in den Medien Mobile und DooH heute noch auf einem unterschiedlichen Stand befindet. Dennoch lassen sich auf beiden Medien individuelle und kombinierte Kampagnenkonzepte realisieren, die datengetrieben und automatisiert umgesetzt werden können.

Autor: Sven Ruppert, CEO Jaduda GmbH