Nach wie vor ist lineares Fernsehen das Massenmedium für schnelle Reichweite. Aber diese Reichweite ist an einer Wachstumsgrenze angelangt. Zudem hat sich die Online-Video-Nutzung in den letzten fünf Jahren vervierfacht – und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht.

Neue Infrastrukturen in der Content-Aggregation und Distribution sind in den letzten Jahren explodiert – Bewegtbild wird zunehmend durch Technologie getrieben. Wir sprechen nicht mehr über Television alleine, sondern über Total Video. Die Ad Tech Kompetenz wird ein immer wichtigerer Erfolgsfaktor für eine Total Video Kommunikationsstrategie.

Worüber reden wir eigentlich, wenn wir über Total Video sprechen?
IP Network unterscheidet zwischen linear TV, Video-on-Demand (inklusive der «catch-up» TV-Plattformen, aber auch der Angebote von Teleboy, Wilmaa oder Zattoo), Multi-Channel Networks und sonstiger Ad-Tech getriebener Video-Aussteuerung. Das Internet und Technologie-Innovationen sind Treiber für weitere Angebotsexplosion und Innovation.

Durch die technologie-getriebene Weiterentwicklung des Total Video Universums bieten sich immer wieder neue Möglichkeiten, wann, was, wie, wo geschaut wird und welche Zielgruppenmerkmale der Zuschauer hat – auch über die Sozio-Demografie hinaus. Dieses Verhalten ist mehr und mehr via Daten erfass- und abbildbar. Für den Werbetreibenden eröffnen sich somit mehr Möglichkeiten, sowohl zielgerichteter auf bestimmte Nutzungsmomente einzugehen (wie etwa durch Second Screen Nutzung) als auch mit datengestützter Zielgruppenadressierung genauere Interessensbereiche der Zielgruppe zu adressieren – und damit ein mögliches Kundenpotential besser anzusprechen als bisher.

1. Second Screen Nutzung und die automatisierte datengestützte Kampagnenauslieferung synchronisiert zur linearen Fernsehkampagne

Laut Google Consumer Barometer liegt die Parallelnutzung von mobilen Geräten während des Fernsehens in der Schweiz bei über 54% (Datenbasis 2015). Andere Studien weisen noch höhere Zahlen auf: Die Initiative-Studie «My Screens» von Juli 2016 spricht sogar von 74% im deutschen Markt, während Google Consumer Barometer für Deutschland «nur» eine Second Screen Nutzung von 56% ausweist. Diese Parallelnutzung führt dazu, dass das Zapping ein aussterbendes Verhaltensmuster vor dem Fernseher darstellt. Die Aufmerksamkeit des Zuschauers verteilt sich stattdessen jetzt auf mehrere Screens.

Wie kann man als Werbetreibender diesem Phänomen begegnen?

Technologieanbieter wie Spotwatch erfassen mehr oder weniger automatisiert TV Spots. Die TV-Spots werden in Echtzeit kategorisiert und können als Trigger für die programmatische Kampagnenauslieferung herangezogen werden. Datengestützt – anhand des TV Triggers – ermöglichen Synchronisierungs-Technologien die Kampagnenaussteuerung automatisiert im zeitlichen Einklang mit der TV Kampagne. Das kann genutzt werden, um den Bewegtbild-Werbedruck der TV Kampagne in komplementären Zielgruppensegmenten mit Videokampagnen zu verstärken (zum Beispiel bei jüngeren Zielgruppensegmenten, die einen unterdurchschnittlichen TV Konsum aufweisen). Auch kann die TV Werbekampagne durch zeitgleich getriggerte Werbebotschaften verstärkt werden, indem etwa ein Call-to-Action im Werbemittel eingebaut wird.

2. Datengestützte Zielgruppenadressierung

Jeder Nutzer hinterlässt im Internet Datenspuren über sein Surfverhalten. Diese bilden die Grundlage, um mit Hilfe einer Data-Management-Plattform Zielgruppensegmente zu bilden. Auf der einen Seite können über Alters-, und Geschlechtsangaben, die etwa im Rahmen eines Anmeldevorgangs angegeben wurden, sozio-demografische Zielgruppensegmente gebildet und für die Video-Auslieferung genutzt werden. Darüber hinaus bietet das Data Management noch eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten, eine Zielgruppe zu segmentieren. Somit können Zielgruppen auch Online genauer angesprochen werden, als dies im klassischen Broadcasting möglich ist.

Online Video-Kampagnen können gezielt an spezielle Interessenszielgruppen ausgespielt werden; so etwa an Gourmets, Sportverrückte, Kinogänger, Beauty- und Fashionliebhaber. Auch speziellen Lebenswelten mit hoher Volatilität können mit Hilfe von Data Management adressiert werden; so etwa Familien mit Babys, Singles, Kaufinteressierte für Gebrauchtwagen. Die Videokampagnen bieten die Chance, über einen anderen Zielgruppenansatz das beworbene Produkt auch bedeutender werden zu lassen: Wir können damit die Reichweite im relevanten Segment unabhängig von der sozio-demografischen Adressierung erhöhen und durch den Interessenskontext auch die Werbewirkung erhöhen.

Die Qualität der Online-Zielgruppensegmente, wie auch die Segmentgrösse sind sicherlich die Herausforderungen für den Werbekunden, und hier empfiehlt es sich, genau nachzufragen: Wie kommen diese Segmente zustande, welche Daten stehen dahinter und auch wie gross ist dieses Segment überhaupt?

Neben der Zielgruppenqualität stellt sich auch die Frage nach dem Umfeld: Wo erscheint meine Werbung? Ist meine Werbung brand-safe platziert? Neben IP TV-Plattformen, VOD-Plattformen oder Multi-Channel Plattformen gibt es eine Vielzahl weiterer Streaming-Plattformen oder -Flächen. Jede Plattform hat ein anderes Nutzungsmomentum und -interesse. Die Zielgruppenansprache im richtigen Kontext kann die Werbewirkung massiv erhöhen. Auch hier empfiehlt es sich, genauer hinzuschauen und Reichweite, Preis sowie Markenkontext gegenseitig abzuwägen.

Wie weiter im linearen TV?

Die technologischen Entwicklungen sind die Treiber neuer Angebotsformen im Bereich Bewegtbild. Auch das klassische lineare Fernsehen entwickelt sich weiter – der Fokus ist je nach Infrastruktur-, Daten-, Gesetzeslage und Land sehr unterschiedlich. Addressable TV, Programmatic TV und Smart Ads sind hier Themen, denen wir zukünftig noch mehr begegnen werden.

Mehr zur aktuellen Lage von Total Video im europäischen Vergleich bietet die kürzlich erschienene Publikation „IP Network Key Facts“.

Autor: Stefan Wagner, Managing Director Goldbach Audience (Switzerland) AG 

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