Zum siebten Mal verlieh die IAB Switzerland am 22. Februar 2017 den «Digital Marketing Award». Tom Hanan und seine Firma Webrepublic wurden dabei doppelt geehrt: der Lifetime-Award wurde Tom Hanan für sein digitales Lebenswerk verliehen und der neu ausgelobte Preis «Digital Agency of the Year» ging an seine Firma Webrepublic. Wir stellen unseren Preisträger vor.

Tom Hanan ist ein digitaler Pionier. Nach einem Studium in den USA, Stationen bei der Multi Media Development der Publigroupe und Yahoo! Schweiz, wurde er als Head of Sales erster Mitarbeiter von Google Schweiz. 2009 machte er sich mit Webrepublic zunächst im Search Engine Marketing selbständig. Heute konzipiert, implementiert und optimiert Webrepublic nationale und internationale Performance- und Werbekampagnen auf Suchmaschinen, Display-Netzwerken, Social Media und YouTube. Die Agentur beschäftigt im Zürcher Seefeld über 115 Mitarbeiter, darunter Marketingexperten, Datenanalysten und Softwareingenieure. Im Team werden 12 verschiedene Muttersprachen gesprochen. Tom Hanan engagiert sich unter anderem im Vorstand der IAB Switzerland.

Herr Hanan, zwei Preise an einem Abend, darunter ein Lifetime-Award für Ihre besonderen Verdienste für die Digital Marketing Branche. Seit wann begleitet Sie das Thema Digital Marketing?

Mit Digitalmarketing kam ich erstmals gegen Ende meines Studiums an der Universität Denver in den USA in Kontakt, das war in den Jahren 1994 bis 1998. Meine ersten beruflichen Schritte im Digitalmarketing habe ich bei der Multi Media Development der Publigroupe unternommen. Da war ich von 1998 bis 2000 Key Account Manager. Bei der MMD war ich auch für Yahoo! zuständig, welche mir nach zwei Jahren angeboten haben, das Werbegeschäft von Yahoo! Schweiz aufzubauen. Als die Internetblase platzte, zog sich Yahoo! aus der Schweiz zurück. Das war für mich der richtige Zeitpunkt, um für ein halbes Jahr als Skipper auf Segelyachten zu arbeiten.

Bevor ich mich aber auf diese Reise machte, schickte ich noch eine Blindbewerbung per E-Mail an eine damals noch recht kleine Suchmaschine namens Google – Den heutigen Suchmaschinengigant kannten Internetuser damals nur deshalb, weil sie, wann immer Yahoo! kein Ergebnis zu ihren Suchanfragen finden konnte, automatisch auf Google weitergeleitet wurden. Der Bewerbungsprozess ging los, als ich gerade auf den kleinen Antillen bei St. Lucia vor Anker lag. Nach einem langen Interviewprozess, durfte ich 2002 bei Google mit dem Aufbau des Werbegeschäfts loslegen.

Was bedeutet dieser Lifetime Award der IAB Switzerland für Sie?

Ich freue mich riesig über die Anerkennung durch die IAB, LSA und den SWA. Und ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei meiner Familie, meinen Freunden und Mitarbeitern bedanken, die mich über die Jahre unterstützt haben – und bei den Konkurrenten, die mich auf Trab gehalten haben. Dieser Award motiviert mich, noch mindestens 20 weitere Jahre Digital Marketing voranzutreiben. Nach wie vor sehe ich es als Chance und Privileg in diesem Umfeld tätig zu sein und dieses zu prägen.

Die Agentur Webrepublic ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen und hat ihr Portfolio von der reinen Suchmaschinenmarketing-Agentur zu einer Full-Service Performance Agentur sukzessive ausgebaut. In welche Rolle sehen sie (Digital-)Agenturen und wo müssen sie künftig wirken?

Eine wichtige Aufgabe in diesem hochdynamischen Umfeld besteht darin, Komplexität zu reduzieren. Wir müssen als unabhängige Berater und Experte mit unseren Kunden effektive und effiziente Kampagnenkonzepte entwickeln und implementieren. Das Ziel dabei ist, dass wir 1. nur die digitalen Kanäle bespielen, die für die strategischen Ziele auch wirklich Erfolg versprechen. 2. müssen wir sicherstellen, dass wir die Daten, die im digitalen Raum verfügbar sind, nach wissenschaftlichen Massstäben in der Planung und Optimierung von Kampagnen gewinnbringend einsetzen. Wenn wir 3. einen Weg finden, mit unseren Kunden transparent über unsere Arbeit zu sprechen, haben wir sicher eine solide Basis für langjährige Zusammenarbeit geschaffen; ich sage ganz bewusst Zusammenarbeit, weil wir sehen, dass Kunden von uns erwarten, dass wir als Sparringpartner auftreten und nicht als einfacher Dienstleister. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, investiere ich als Unternehmer in die Aus- und Weiterbildung meiner Mitarbeiter; wir müssen als Agentur immer auf dem neuesten Stand sein.

Der neue Award «Digital Agency of the Year», der von der IAB Switzerland gemeinsam mit dem LSA Leading Swiss Agencies verliehen wird, ging an Ihre Agentur Webrepublic. Ein Zeichen, dass Sie einiges richtig machen. Welchen Herausforderungen muss sich die Branche 2017 unbedingt annehmen?

Erstens: Die ganze Branche, Agenturen, Publisher und Werbeauftraggeber müssen konsequent in Infrastruktur und technisch versiertes Personal investieren. Experten mit fundiertem Verständnis für Technologien und Daten werden zwar nicht die Kreativen verdrängen, aber viel wichtiger werden. Denn sie sind es, die sicherstellen können, dass wir die Zielgruppen entlang der Customer Journey mit der richtigen Botschaft zur richtigen Zeit am richtigen Ort ansprechen.

Zweitens: Wenn wir wirklich innovativ sein wollen, müssen wir das Vertrauen unserer Kunden gewinnen. Das bedingt, dass wir ihnen glaubwürdig aufzeigen können, wie sie technologische Innovationen nutzen können, um ihre Marketing- und Geschäftsziele zu erreichen. Das heisst auch, dass unsere Kunden von uns erwarten dürfen, dass wir mit offenen Karten spielen – das ist für mich die Voraussetzung für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit.

Drittens muss sich in der Branche die Erkenntnis durchsetzen, dass qualitativ gute Kampagnen auch im Internet ihren Preis haben. Denn aller Technologie zum Trotz: ohne Know-how und Denkarbeit geht gar nichts. Wir dürfen nicht verdrängen, dass die Jagd nach billiger Reichweite in aller Regel in ineffizienter, irrelevanter Werbung resultiert. Das wiederum schlägt auf Werbekunden und ihre Marken, Publisher und Agenturen zurück. Wir wissen: Die User schätzen gut gemachte, das heisst relevante Werbung – und die Branche sollte alles daran setzen, ihnen genau dies zu bieten.

Welche Digital Marketing-Trends erwarten uns in den nächsten Jahren, und wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für den Schweizer Digitalmarkt?

Programmatische Werbung wird sich über alle Plattformen und Kanäle hinweg durchsetzen.

Wenn ich von Programmatic spreche, meine ich nicht ein Tool sondern eine Philosophie oder Technik wie man über digitale Kampagnen denkt. Es geht darum, dass wir Kampagnen, die ihre Zielgruppen mit verschiedenen Werbemitteln auf unterschiedlichen Plattformen erreichen sollen, zentral, das heisst von einem einzigen Adserver aus, planen, steuern und optimieren können.

Ein grosser Vorteil eines solchen Setups ist, dass wir Performancedaten an einem zentralen Ort zusammenführen und auswerten können. Diese Daten sind eine enorm wertvolle Ressource für ein Unternehmen, denn sie können unglaublich viel über die Interessen und geschäftsrelevante Verhaltensweisen ihrer Zielgruppen aussagen. Ich gehe deshalb davon aus, dass mittelfristig mittlere bis grössere Unternehmen ihre eigene Adserver-Infrastruktur aufbauen werden, um die Hoheit über ihre Marketingdaten zu erlangen. Vor diesem Hintergrund werden Datenwissenschafter enorm wichtige Aufgaben übernehmen und zwar nicht nur in den Unternehmen selbst sondern auch in Agenturen.

Daher werden Agenturen ergänzend zu den klassischen Kreativen, die auch weiterhin eine tragende Rolle spielen werden, eine neue Garde Kreativer aufbauen: Datenenanalysten. Diese Experten spielen ihre Kreativität im Umgang mit enormen Datenmengen aus. Sie helfen uns nicht nur, die Performance von Kampagnen besser zu verstehen sondern finden in unvorstellbar grossen Datenbergen Optimierungspotenziale – Stichwort Predictive Analytics – und helfen uns, Targetingkonzepte zu verbessern. Das ist eine neue Form der Kreativität, die viel Aufmerksamkeit erhalten wird.

Verraten Sie uns Ihre Pläne für die nähere und weitere Zukunft?

Dranbleiben. Es ist extrem spannend zu sehen, wie sich die Branche entwickelt. Das reizt den Wissenschaftler und Entdecker in mir. Ich will dieses Abenteuer auf keinen Fall verpassen, Teil der Entwicklung bleiben. Eine Frage, die viele in der Branche umtreibt: Wie können wir das schier unvorstellbare Potential von Machine Learning im Marketing fruchtbar machen und welche Rolle werden Menschen künftig spielen? Klar ist, Technologie wird den Arbeitsmarkt nachhaltig beeinflussen. Ich bin aber überzeugt, dass diese Entwicklung nicht unser Ende bedeutet, sondern neue Chancen für Marketer mit sich bringen wird.

Mir persönlich ist wichtig, dass ich in einer Welt, welche immer komplexer und schneller wird, genug Zeit mit meiner Familie verbringen kann und Zeit finde für Hobbies wie Segeln oder Velofahren. Schliesslich definiert sich Erfolg ja auch durch persönliche Zufriedenheit und familiäres Glück.

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